14 Jahre war es her, dass ich zuletzt auf der Insel war (mit der Tochter, die da noch ein Kleinkind war) und 26 Jahre, dass
ich mit dem alten Victoria–Gespann diese Reise zuletzt gemacht hatte. Noch extremer, ich war 1976 oder 1977 zum ersten Mal da,
etwa 39 Jahre zuvor. Bei der abendlichen Fahrt von Portoferraio nach Capolivero
ging mir das Herz auf.
Das Leben bestand plötzlich aus Freizeit, Entspannung, sich treiben lassen. Die Strecken auf Elba sind kurz, oft aber spannend
und schön - und Pässe mit Motorrad–Spaß–Garantie gibt es dort genug. Das kleine Eiland mit nur
224 km² Fläche ist ein verirrter Ausläufer des Appenin
und teils gebirgig. Der höchste Berg, der Monte Capanne, liegt über 1.000 Meter hoch, und schon der
benachbarte Perone bringt es auf 630 Meter - ab dem Meeresspiegel, wo wir stets starteten.
Hier berichten wir von unseren Tagen und Abenden auf Elba - einem unvergesslichen Erlebnis mit viel Lebensfreude. Ein allgemeiner
Tipp: Schaut Euch die Großbild–Ansichten an - da gibt es oft noch detaillierte Geschichten, die nicht hier stehen.
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[ ± ]. Bar und Wifi!
Kennt ihr das, wenn man so richtig Glück hat? So ging es uns bei diesem Platz. Wir haben uns sofort pudelwohl gefühlt, hatten einen schönen Platz,
und wir waren ab dem ersten Abend in die Gemeinschaft von Gästen und Betreibern eingebunden.
Kaum hatten wir am Anreise–Abend unser Zelt aufgestellt und waren vom Essen zurück, saß ich auch schon mit drei ziemlich lustigen
Varesini (Jungs aus Varese) zusammen, die wahre Meisterleistungen im Bierkonsum vollbrachten
(Standard–Einheit: Paletten mit 24 Büchsen). Dazu gesellten sich noch eine Lehrerin und ihre Tochter, und wir hatten reichlich Gesprächsstoff,
nicht zuletzt über meine Rothhändle–Zigaretten und unsere Reise.
Die kleine Bar samt Laden, bewirtschaftet von Rita, dem Vollweib, Sara und dem Jungen
Francesco (alle sehr nett), wuchs uns bald an's Herz. Morgens Cappuccino und Wasser sowie Brötchen mit
Mortadella und Salame Toscano, abends „Nastro Azzurro” in Flaschen zu
66 cl und Fanta (die in Italien aus italienischen Orangen hergestellt wird und ganz anders schmeckt als hier) -
das war prima.
Kurzum, das ist eine echte Empfehlung, wenn auch der Strand vor Ort sehr überfüllt und bei weitem nicht der schönste ist. Die Abfahrt hoch nach
Capoliveri ist allerdings eher hart mit Steigungen um 20%.
Den zweiten Tag (eigentlich den ersten auf der Insel) ließen wir ruhig angehen. Zunächst zeigte ich Chiara
Capoliveri, wo ich schon so viele glückliche Stunden verbracht hatte. Da geht es oft Treppen 'rauf und 'runter.
Der Ort ist sehr malerisch, ich hatte in einer Seitengasse der Via Roma auch schon 'mal eine kleine Wohnung gemietet.
Italienurlaub ohne hervorragendes Eis? Das geht ja gar nicht. Also gönnten wir uns das erste in der Via Roma - während
der Siesta, also der Zeit von 14:00 bis 16:00 Uhr mindestens.
Dann gondelten wir noch das kurze Stück nach Porto Azzurro. Da wurden wir gleich zweimal verscheucht. Beide Male entgingen
wir den gefürchteten italienischen Strafzetteln: Denn die reichen von 78,- bis über 300,- € und sind in bar zu entrichten. Als wir beim zweiten
Mal zum Moped zurückkamen, blieb uns schon das Herz stehen: Die Politesse mit dem Block in der Hand und daneben ein LKW mit
Kran … Der war bei näherem Hinsehen aber zu groß für das Gespann und eher für ein Segelboot gedacht
(Symbol: zwinkern).
[ ± ].
Ravioli mit Garnelen.
Abends stand dann ein willkommener Besuch bei unserem Freund Maurizio Tosi und seinem Sohn Fede
in der Osteria „Summertime” an. „Es sind schon etliche Jahre, die Du fehlst.
”, sprach der Wirt
bedächtig (wörtlich übersetzt), und wies uns gleich an einen kleinen Tisch draußen (das ist ein Privileg, denn das Lokal ist stets ausgebucht).
Wer gutes Essen und Wein liebt, sollte sich den Besuch nicht entgehen lassen, denn der Weinkeller in einer Seitengasse ist berühmt -
und die Küche ist fantastisch.
Maurizios Sohn Fede hatte ich nicht mehr gesehen, seit er fünf oder sechs Jahre alt gewesen war, erkannte ihn jedoch an den dunklen Augen - und er
war da 23 Jahre alt.
Bevor der Gast die Wahl trifft, wird das Fischangebot auf einer großen Platte gezeigt - das hatte ich so auch noch nicht erlebt. Witzig: Bald gesellte
sich eine recht laute Truppe von Holländern an einen Nebentisch. Maurizio nickte und lächelte höflich zu deren Bemerkungen,
rollte dann aber im Hineingehen zu uns die Augen - denn es wird am liebsten gesehen, wenn es schön ruhig zugeht. Leider war ich zu spät - er
rauchte seit ein paar Monaten nicht mehr. Wir hatten früher oft eine „sigaretta” und einen „caffè”
zusammen genossen, damals auch noch am Tresen. Zigaretten anzubieten gilt in Italien als selbstverständliche Höflichkeit.
Am kommenden Tag brummten wir zunächst nach Rio nell'Elba. Der Ort liegt auf 165 m Höhe
und hat seinen Namen von dem Fluss, der früher zahlreiche Wassermühlen antrieb.
[ ± ]. Rio nell'Elba.
Das Bergdorf fand ich weitgehend unverändert, mit zwei bedauerlichen Ausnahmen. Das früher beste Fischlokal Elbas,
„La Cipolla” („die Zwiebel”), war unter neuer Bewirtschaftung ziemlich degradiert, und der Platz
stand voll mit Tischen und Schirmen für Touristen.
[ ± ]. Die Kirche.
Anscheinend hat Papst Johannes Paul II dort eine treue Fangemeinde,
denn die stolz mit Link zum Glossar
„Dom” beschriftete Kirche war mit zwei sehr kitschigen
Postern mit seinem Konterfei geschmückt. Auf dem rechten steht (übersetzt): „Mann, Priester, Heiliger”.
[ ± ]. Rio Marina.
Später knatterten wir hinunter nach Rio Marina. Am Hafen dort legen auch Fähren vom Festland an. Der Wachtturm
am Ende der Mole trägt stolz Elbas Flagge mit den drei Bienen, die Napoleon eingeführt hatte. Nach Norden hin erstreckt sich das ehemalige
Minengebiet, wo früher Eisenerz abgebaut wurde. Dort gibt es auch ein sehenswertes Minenmuseum und einen noch erhaltenen Ladesteg. Abseits
der Straße lassen sich Katzengold, Eisenerz und Quarzite finden.
Kurz vor der Reise hatte ich mir die Seite zu Elba bei der deutschen Wikipedia angesehen. Die führt(e) als einzige Sehenswürdigkeit
Napoleons Villa in San Martino auf. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, denn Elba bietet
viele Dutzend bedeutenderer Attraktionen, von denen ich bei etlichen Reisen dahin fast alle besucht habe.
(Symbol: grinsen)
Auf dem Rückweg fuhren wir nach Portoferraio. Meine Tochter liebte es bald, am frühen Abend im alten Yachthafen
(der „Darsena”) am Kai zu sitzen und den eintreffenden Yachten und Segelschiffen zuzusehen.
[ ± ]. „Al Buchino”.
Wo wir schon 'mal da waren, gingen wir zum „kleinen Loch” essen. Der Name des Lokals stammt von der engen Gasse, in der früher
die einzigen Tische standen (siehe Foto). Leider erfuhr ich da, dass Gigì, der frühere Wirt, verstorben
ist. Die Bewirtschaftung hat ein übler Hektiker übernommen, der scheint's an einem „Manager”–Wahn leidet.
Wir sahen da so manchen Seufzer des Personals, und die Erweiterung nach rechts hat auch nicht wirklich 'was gebracht außer
Geld und Touristen (ach so, das ist ja die Hauptsache! (Symbol: zwinkern) ).
Das Essen war jedoch gut. Meine Tochter hatte Calamari, ich gegrillten Schwertfisch ohne Beilagen. Nach dem Essen
stand uns der Sinn nach caffè. Ich bestelle also zwei und bekomme einen doppelten Espresso. Also erklärte
ich dem netten Jungen, dass wir zwei einfache caffè wollten, behielt aber den doppelten.
Er fragt nach, ich bestätige, und er bringt den zweiten. Der war so gut wie der erste, also bestellten wir noch eine Runde. Jetzt
wurde es dem Kellner unheimlich: Wirklich auch für die „signorina”? Die nickte wohlwollend und nahm später
noch einen dritten. Das war dann doch Gespräch unter den Angestellten.