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Reisen mit der Victoria: Sardinien 1990

Um es gleich vorwegzunehmen - von dieser Reise gibt es so gut wie keine Fotos. Das hat zwei Gründe, einmal zwei üble Computer–Schäden, zum anderen, dass wir 1990 auf der zweitgrößten Mittelmeerinsel einen Super 8–Film in Spielfilmlänge gedreht haben - sogar in Stereo. Damit hatten wir genug zu tun.

Zu erzählen gibt es jedoch genug, darunter von gefährlichen Ersatzteil–Beschaffungen, Stunts mit einer Ape, verzweifelt gesuchten Ohrfeigen oder irregeleiteten Drogenhunden.

Neben dem alten Victoria–Gespann waren eine Zündapp DB 200, eine DKW SB 200, eine DKW RT 200 und eine BMW R27 dabei - und alle solo.

Wisst ihr, was das bedeutet? Alle solo und nur ein Gespannfahrer? Richtig! Alle anderen laden fröhlich ihr Gepäck in den Seitenwagen und fahren Dir davon. Wenn ich jemals gelernt habe, ein Motorradgespann zu fahren, dann war es da.

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Von Frankfurt bis Olbia

Nach Sardinien zu fahren, ist relativ bequem. Abends geht eine Fähre von Genua ab, und morgens um sechs trifft sie in Olbia ein. Bei unserer Fähre war einer der Kolben defekt und sollte auf der Insel getauscht werden. Das Ersatzteil stand in einer Kammer, und ein Maschinist war so nett, es uns zu zeigen. Wow! Da hätten zwei von uns bequem Platz drin gehabt.

Ich Dussel war schon das zweite Jahr mit einem KR25–Hinterrad unterwegs. Schön blöd! Am Gotthard machte es plötzlich ping pong pang peng, und vier der langen Speichen links rissen glatt ab. Was nun? Na klar, die verbleibenden Speichen malerisch umverteilen - was die Zentrierung nahezu unmöglich machte. Also fuhr ich mit einem sehr unrunden Rad weiter. Hauptsache vorwärts!

Bei der Ausschiffung standen an der Rampe einige sehr nervöse Jungs der „Guardia di Finanza”. Das ist eine paramilitärische Organisation, die unter anderem für die Drogenfahndung zuständig ist. Alle hatten Maschinengewehre und einer einen Hund.

Als der Hund mein Gespann riecht, erliegt er fast einem Herzkasperl. Die Buben werden nervös - und schwupps, sind wir umzingelt. Nur gut, dass ich italienisch spreche. Meinen Beteuerungen, dass wir keine Drogen bei uns haben, wird jedoch nicht geglaubt.

Zum Glück lassen sich die Beamten zu einem Versuch überreden. Der Hund gibt bei jedem Motorrad laut, aber nicht bei der BMW, dreht jedoch bei meinem Gespann fast durch. Kurz nachdenken … Was unterscheidet die BMW von den anderen Motorrädern? Richtig, es ist ein Viertakter. Schließlich fällt der Groschen: Das Tier fährt auf Zweitaktöl ab. Als ich - gaaanz vorsichtig - eine der Dosen öffne, ist es kaum noch zu bremsen. Das überzeugte die Jungs spätestens, als ich das Öl gaaanz langsam in meinen Tank goss und die Dose sonst nichts enthielt (Symbol: zwinkern). Zur Info: Ich hatte das Öl für alle im Kofferraum, also mehrere Liter.

 

Speichen, Stunts und Ohrfeigen

Es gibt nichts, was es nicht gibt. So erfragte ich einen Händler, der eventuell passende Speichen für mich hatte. Als ich nichts ahnend in dessen Hof einfuhr, gingen gleich drei weitere Hunde auf mich los, und ich konnte einigen Bissen in die Waden nur durch einen beherzten Dreh am Gasgriff entgehen. Ich habe sonst noch nie Kummer mit Hunden gehabt.

Weniger riskant ging es zu, als der Hinterradreifen von Francos DKW platzte und wir Ersatz beschafften.

Erwähnte ich schon, dass Sardinien für Motorrad–Touren wie gemalt ist? Sobald die Küste außer Sicht gerät, wird es bergig, und die Straßen sind einfach großartig.

Für unseren Film brauchten wir Hilfe. Statt eines Panzers (den hatten wir als Modell auch dabei, eine Zeitung titelte nach der Premiere „Panzerangriff in der Pinkelpause”) wollten wir eine Ape entern - und zwar vom Seitenwagen aus. Wir fanden einen Freiwilligen samt einem alten Dreirad, und der bekam (zum Schein) ordentlich Hiebe (und dann ordentlich Bier). Geentert wurde übrigens wirklich im Fahren, vom Seitenwagen in die Pritsche und dann ab in die Kabine. Uli in Höchstform!

Das blieb in der Umgebung natürlich nicht unbemerkt, und so waren die „verrückten Deutschen” bald in aller Munde. Für eine weitere Szene brauchten wir vier Mädels, die jedem außer mir ordentlich eine flammen sollten. Das wiederum gestaltete sich sehr schwierig. Wir mussten uns mit deutschen, schweizerischen und österreichischen Frauen begnügen - fanden dann aber für die wirklich doofen Szenen eine nette Italienerin (Hauptsache, keine Ohrfeige (Symbol: lachen)).

Das zweite Bild entstand nach einem Dreh. Der Kellner brachte mir „Affenhirn auf Eis”, und ihr dürft gerne glauben, dass die anderen Gäste der Bar verdutzt geschaut haben.

 

Die beste Ohrfeige

Die ersten drei Mädel (die Ohrfeigen austeilen sollten, und zwar herzhaft) hatten damit Kummer. Wir mussten viele Meter Film verblasen (und der ist teuer!), bis die Aufnahmen halbwegs glaubhaft im Kasten waren.

Franco war der letzte in der Reihe. Um dem Problem vorzubeugen, bläute ich der jungen Frau (übrigens einer echten Schönheit) ein, sie möge ja nicht zögern, sondern amtlich ausholen. Sie nickt. Ob sie das verstanden habe - es mache Frank nichts aus, eine gescheite Maulschelle zu bekommen. Sie nickt, und ich ahne eine Wiederholung von „oops”, „sorry” und erschrockenen Blicken.

Seufzend werfen Ralle und ich die Kameras an. Frank sagt sein Sprüchlein auf, Carolin holt aus und flammt ihm eine, dass er fast zu Boden stürzt (und Frank ist groß und schwer!).

Mit meinem „Cut!” setzt der Beifall der Zuschauer ein, während sich Frank die rote Wange massiert. Ich drücke meine Bewunderung aus. Sie lacht und erklärt erst jetzt, dass sie Schauspielerin ist (Symbol: lachen).

 
 
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