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Die Victoria–Interessengemeinschaft

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1987 hatte ein Bekannter eine weinrot gestrichene und davor Post–gelbe KR 25 um kleines Geld abzugeben. Das Motorrad war fast komplett und bis auf Schäden wegen des langen Stillstands (beispielsweise Kontakt­korrosion an den Lagerschalen der Lenkung) im guten Zustand. Bis dahin hatte ich noch keine Victoria gesehen. Die Maschine gefiel mir auf Anhieb.

Die Farbschichten wurden entfernt und durch einen simplen Auftrag von Rostprimer mit einer Klarlack–Schutzschicht ersetzt. Einige Ersatzteile gab es bei den bekannten Händlern, originale und seltene Teile jedoch nicht.

Bei der Suche danach stellte ich schnell fest, dass es da Bedarf gab: Ich fand (am Telefon oder per Brief!) mehr Suchende als Anbieter.

1988 keimte der Gedanke an eine Interessengemeinschaft auf, die da sicher nützlich wäre. Also wurde eine kleine Kleinanzeige in der bekannten Zeitschrift (Link: fremde Seite)Oldtimer–Markt” geschaltet. Irgend jemand hier, der diese Zeitschrift und die ebenso gute „Oldtimer–Praxis” nicht kennt?

Die Resonanz war überwältigend. Innerhalb kurzer Zeit meldeten sich 40 Victoria–Besitzer per Brief oder Telefon (E-Mail wurde in Deutschland erst 1984 eingeführt und vom WWW war noch keine Rede. Das kam erst nach 1993 in benutzbarer Form, und auch dann hatten nur wenige Zugang dazu). Heute gibt es eine Website: (fremde Seite) Victoria–IG.

 

Zu Beginn: Kontakt per Brief und Telefon

Damals blieb uns ganz konventionell nur Brief oder Telefon für die Kommunikation. Die Interessenten erhielten alle ein Schreiben im DIN A4 Querformat, bestehend links aus einem Anschreiben und rechts aus einem Meldeformular. Den linken Teil geben wir hier als quasi–Faksimile wieder, denn er erklärt gut den geplanten „Geist” der IG. Der Briefkopf war mit LetraSet–Abreibebuchstaben und der Kopie einer Bedienungs­anleitung für das Logo zusammengesetzt. Dass Smartphone–Nutzer hier eventuell horizontal „wischen” müssen, ist Absicht.

Victoria–Interessengemeinschaft.
Lieber Victorianer, 
  diese aus heutiger Sicht etwas drollige Anrede findet 
  sich in den Betriebsanleitungen unserer Motorräder aus 
  den fünfziger Jahren. Heute fristen die kleinen und 
  großen Victorias neben den bekannten und populären 
  Marken wie BMW, DKW und Zündapp ein Schattendasein. 
  Das ist sehr schade, obendrein haben mittlerweile 
  viele Oldtimerfreunde ihr Herz für die Nürnberger Ma-
  schinen (wieder)entdeckt. Die regelmäßig besetzte An- 
  zeigenrubrik im "Markt" beweist dies. 
  Einige der neuzeitlichen "Victorianer" stehen miteinander 
  in Kontakt, oft aber zeigen verzweifelte Suchanzeigen, 
  dass Restaurateure "auf dem Schlauch" stehen und die Hilfe 
  erfahrener (oder mit Teilen bestückter) Kollegen benötigen. 
  Daher scheint es an der Zeit, eine 
                    Interessengemeinschaft
  zu gründen. Sie sollte keinerlei kommerziellen Zwecken 
  dienen, sondern lediglich den Austausch von Erfahrungen, 
  Literatur und Teilen zum Ziel haben. Darüber hinaus be-
  steht großes Interesse an einem Treffen, das vielleicht 
  für 1989 in's Auge gefasst werden könnte. 
  Jeder, der eine Victoria restauriert, besitzt oder fährt, 
  sollte also bei Interesse an die Anschrift unten ein Zet-
  telchen schicken, auf dem sein Kraftrad beschrieben ist, 
  sein Name und seine Adresse (wenn möglich, mit Telefon) 
  stehen und außerdem, welche Teile er anbietet oder sucht. 
  Diese Anschriften würden dann gesammelt und in unregelmäßi-
  gen Abständen allen zugeschickt. Ein Aufruf im Markt wird 
  folgen. Es wäre schön, wenn jeder, der schreibt, eine 
  80 Pf.-Briefmarke für das Rückporto beilegen könnte. 
  Vereinsmeierei liege uns fern! Aber sich bei einem gemein- 
  samen Hobby gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, ist 
  sicher eine gute und schöne Sache. 
  Vielen Dank für Eure Bemühungen - 
  Unterschrift, 
  Name, 
  Anschrift, 
  Telefon 
  PS.: Wer andere Victoria-Fahrer 
       kennt, möge ihnen dieses 
       Schreiben in Kopie zukommen 
       lassen. Danke! 
 

Kritik: die Interessengemeinschaft heute

Dies sind persönliche Ansichten - mit denen ich jedoch nicht alleine dastehe. Leider hat sich die IG in vielen Punkten nicht zum Guten weiterentwickelt. Es mag sein, dass es in bestimmten Bereichen mit der Unterstützung für Mitglieder und nicht–Mitglieder gut läuft. In anderen ist das jedoch leider nicht der Fall. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sich wirklich viele Hilfesuchende eher an mich wenden als an die IG, darunter auch solche, die mit ihr schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Leider wird auch die offizielle Website nicht nur stiefmütterlich behandelt, das aktuelle Konzept und Format sind für eine effektive Information völlig ungeeignet. Statt da nun mit Verstand dranzurennen und sich profes­sioneller Beratung und Unterstützung zu versichern, sucht sich die IG eher Freunde und Bekannte, die jedoch leider keine Erfahrung als Webmaster haben. Vergeblich sucht der Benutzer Typenkunde, Tipps und technische Informationen, die Anmeldung als Mitglied ist nicht online möglich. Derlei wird heutzutage jedoch erwartet.

Weniger schön ist auch, dass die jährlichen Treffen nicht als Gelegenheit genutzt werden, dem Publikum (sprich: Besuchern) die weitgehend noch unbekannte Motorradmarke vorzustellen. So gibt es - außer hier - keine Infos zur Anfahrt aus Frankfurt mit öffentlichen Verkehrsmitteln für das Treffen 2019 in Friedberg.

Nur einige der Mitglieder und Freunde des „inner circle” pflegen noch den alten Geist, wie ich ihn 1988 angeregt hatte. Andere lassen Hilfesuchende „verhungern”, halten teils Informationen zurück und treiben andere unschöne Dinge. Leider sind diese Probleme nicht neu, und ebensowenig die Namen derer, die Unmut verursachen. Es spricht wirklich nichts dagegen, nur Mitgliedern nachgefertigte Teile und die Info–Hefte anzubieten. Es spricht jedoch viel dagegen, wenn nicht mit Geduld und Tipps geholfen wird oder gar Profitgier überwiegt.

 
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