Bei Victoria gingen Form und Optik zuweilen über Funktion. Das war auch schon so, bevor der bekannte Konstrukteur und Designer
(Link: Wikipedia)
Richard Küchen die V35 „Bergmeister” zeichnete,
bei der hinreichende Kühlung und gute Leistung einer glatten Oberfläche geopfert wurden.
Bei den Motoren der 1937 vorgestellten „neuen Linie” ist das zum Glück kaum der Fall,
besonders die KR26 hat auch kaum thermische Probleme.
Glücklicherweise verursachen die Verschönerungen an diesen Modellen jedoch keine echten Nachteile, oder wenn, dann
höchstens für den Geldbeutel (gutes Beispiel: der schicke Batteriehalter der KR26).
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Die Kurbelwelle der Einzylinder–Motore ist vierfach gelagert. Innen werkeln Rollenlager, die zunächst am Gehäuse liefen
und später gekapselt wurden. Außen beim Polrad der Lichtmaschine (rechts) liegt auch ein
Zylinderrollenlager, links vor dem Ritzel des Primärtriebs ein stabilisierendes Kugellager.
Die Wangen sind aus zwei Metallen zusammengesetzt, um ein großes Volumen bei gleichmäßiger Wucht zu erreichen (siehe Foto unten).
Das Pleuel ist auf zwei parallelen Reihe von Rollen gelagert, deren eine Hälfte im Pleuelauge läuft, während die andere in Aussparungen
der Kurbelwellenwangen gelagert ist. Hier wird eine Reparatur richtig teuer, unter Umständen teurer als ein guter Ersatzmotor und auf jeden Fall
teurer als eine gute, gebrauchte Kurbelwelle (die aber selten ist!).
Unbefriedigend sind die Übergänge vom Kurbelwellengehäuse zum Einlass der Überströmkanäle am Zylinderfuß, wie auf der Seite zum
Zylinder und der zum Thema Zweitaktmotore allgemein
zu sehen ist. Aus heutiger Sicht ist es unverständlich, dass dort trotz des strengen Wettbewerbs gelassen Pferdestärken verschwendet wurden.
Das gilt auch für die Fenster am unteren Kolbenende - sie sind etwas schmaler als die Aussparungen unten am Zylinder bei den
Überströmkanälen. Dass der Kolben bei OT oben einen halben Millimeter unter der
Zylinderoberkante endet, ist hingegen korrekt und wegen möglicher Vibrationen der Kurbelwelle nötig.
Wer an diesen Punkten nacharbeitet, kann die (eher bescheidene) Leistung innerhalb der erlaubten Toleranzen deutlich steigern.
Wenn ihr einen Motor reparieren oder neu aufbauen wollt, dann achtet unbedingt auf die oben bei der vorderen Halterung an den
inneren Gehäuseschalen eingeschlagenen Nummern: Sie müssen identisch sein und stehen für die Anpassung der Hälften. Die
Kombination verschiedener Ausführungen wird nicht funktionieren!
Grund: Die Motorgehäuse wurden stets paarweise und exakt passend zueinander gebohrt und auch ab Werk als Ersatzteil nur
paarweise verkauft. Sofern eine der inneren Hälften noch flickbare Schäden hat (typische Schadstelle: rechts unterhalb des
Ritzels außen), sollte da eher repariert werden, sonst sind beide Hälften ein Fall für „Ablage P”, also nicht mehr nutzbar.
Leider kommt es vor, dass manche „Helden der Arbeit” an solchen Stellen großzügig mit Flüssigmetall arbeiten. Nicht verzagen -
mit einem Schweißbrenner fließt das Zeug wieder seiner Wege, und die Geschichte kann nach einer Reinigung fachmännisch geschweißt werden.
Der Motor ist ziemlich gut, wenn auch etwas schwachbrüstig. Obwohl die KR26 ab 1952 in respektablen Stückzahlen
gebaut wurde, war genau das ein Problem. Ein Leergewicht von 151 kg mit maximal
14 (sonst: 12,6) Pferdestärken zu bewegen, ist nun 'mal nicht so berühmt. Immerhin bot eine normale NSU Max
ab 1954 schon 17 bei nur 14 kg mehr.
Das war jedoch nicht das einzige Manko. Auch die veraltete Geradwegfederung hinten (statt Schwinge) war nicht mehr zeitgemäß.
Spannender wird es jedoch, wenn der Motor in einem Motorrad wie unserem verwendet wird, das nicht schwerer ist als eine
KR25 mit Starrheck. Im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen kommen da
20,3 kg weniger auf die Waage. Mit ein paar Verbesserungen,
die auf dieser Website beschrieben werden, kommt durchaus Fahrspass auf.
Tatsächlich leistet der Motor bei sorgfältiger Anpassung und Behebung der Schwachpunkte deutlich mehr als
14 PS. Victoria hat durch Ungenauigkeiten bei der Fertigung und andere Fehler viel verschenkt.
Die originalen Kolben wurden von Mahle oder Nüral gefertigt und sind im guten Zustand praktisch nicht mehr zu bekommen.
Einer ihrer Vorteile ist der beim Boden eingegossene Eisenkern („Autothermik”, „Thermokolben”). Der sorgt für mehr
thermische Stabilität und verhindert größeren Kummer bei Kolbenklemmern. Das originale Laufspiel beträgt
5/100 mm. Besser ist es jedoch, bei neuen
Kolben mit Kern gleich auf 6/100 mm zu gehen.
Kolben ohne Eisenkern (zum Beispiel von GPM) benötigen 8/100.
Leider haben originale Kolben jedoch auch einen Nachteil. Der Trennsteg zwischen erstem und zweitem Kolbenring ist nur
2,5 mm hoch. Es kommt wegen der breiten Auslassfenster gerne vor, dass sich der
oberste Ring dort beim Aufwärtsgang verklemmt und in der Mitte ein Stück dieses Trennstegs wegbricht. Das kann auch geschehen,
wenn vergessen wird, die Kolbenringnuten regelmäßig von Ölkohle zu befreien. Leider ist das so oder so ein Schwachpunkt.
Unserem Kumpel Volker sind schon etliche dieser Stege gebrochen.
Wir hatten schon beide Fälle. Der erste tritt meist nicht mehr auf, wenn die Zylinderfenster oben und unten um je
0,1 mm angefast werden. Das erste Bild zeigt einen Kolben mit diesem Schaden
und die bessere Nachfertigung von (Link: fremde Seite)
Wahl Spezialkolben mit höheren Trennstegen und Ölnuten. Da mussten lediglich
die Ausschnitte unten auf die richtige Breite gebracht werden. Das zweite Bild zeigt das jeweilige Innenleben. Beim
neuen Kolben sind die eingegossenen Eisenkerne beim Boden zu sehen.
Für den Ausbau des Motors müssen Auspuffanlage, Kettenkasten, Kette, Vergaser, Kupplungszug sowie Zylinder und Kopf und eventuell die
Lichtmaschine abgebaut werden. Wer am Tank vorne eine längere Benzinschlauch–Schlaufe an der Querverbindung anbringt und in der Mitte
am Rahmen oben hält: Dann genügt es, den Tank vorne hochzuheben und mit einem Holzstück am oberen Lenkkopf zu sichern, damit der
Zylinder gezogen werden kann.
Der Primärtrieb lässt sich am besten bei eingebautem Motor entfernen (siehe Foto). Dabei muss erst die Mutter am Kupplungskorb
und dann erst die am Primärritzel gelöst werden. Die von unten eingesetzten Motorhalteschrauben M10 hinten
werden unten mit einer 17er Nuss (½ Zoll) und eingestecktem Vierkant gelöst - auf den Vierkant passt ein 13er Schraubenschlüssel.
Löst für den Abbau die linke Fußraste.
Der Motor muss senkrecht nach oben herausgezogen werden. Steht das Motorrad auf dem Ständer, kann er klemmen. Legt dann solange
Holzklötze unter das Vorderrad, dass das Motorrad gerade noch sicher steht (beide Räder am Boden). Beim Aus– und Einbau ist
ein Scherenwagenheber hilfreich, der sich mit seiner Nut an der mittleren Motorschalen–Trennwand abstützt, sodass der Motor genau
senkrecht gehoben wird. Am Ende lässt er sich dann gut zur Seite herausheben.