Die beliebten Zweitakter aus Nürnberg mit modernen Motoren wurden von etwa 1935 bis 1953 entwickelt und kontinuierlich verbessert.
Zweitakt–Blockmotore hatte es vorher schon bei Victoria gegeben - 1937 wurden jedoch völlig neue Konstruktionen vorgestellt, für die
der umstrittene Konstrukteur Richard Küchen verantwortlich zeichnete.
Die Entwicklung begann genau genommen mit den neuen 200er–Modellen und endete mit der KR 26 N von 1953, die unzählige
Verbesserungen gegenüber den ersten Typen aufwies.
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1937, zunächst im Februar auf der „internationalen Automobil–Ausstellung” in Berlin, präsentierte Victoria zwei führerscheinfreie
Maschinen mit 200 cm³, die KR 20 EN Lux
und die KR 20 LN Luxus. Dabei stand das „N” wohl für die „neue Linie”, E oder L für „einfach” und eben „Luxus”.
Die Lux hatte stehende Sattelfedern, die Luxus gezogene.
Neue, formschöne Blockmotore und Fahrwerke mit schicken Tanks gefielen dem Publikum. Richard Küchen war der Vater dieser Konstruktionen.
Es gab auch Kritiker. Das brachte Küchen in Harnisch, und er veranlasste eine Probefahrt mit einer etwas modifizierten 200 Lux. Die Fahrt
führte auf der Autobahn von Frankfurt nach Heidelberg und zurück. Georg Dotterweich fuhr die Strecke liegend und im Regen, kam jedoch
alleine zurück - die Begleitfahrzeuge waren nicht so Autobahn–fest wie die Victoria. Die erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit betrug
sagenhafte 93 km/h bei 4,4 Liter Verbrauch auf
100 km - für 7 PS und
112 kg Leergewicht ein sensationeller Wert, zumal Victoria nur
85 km/h Höchstgeschwindigkeit bewarb.
Die Lux gab es nur mit grauem Tank, drei Gängen und Handschaltung, die Luxus hatte vier Gänge und die später klassische graublaue Lackierung.
Wahlweise gab es sie auch mit Fußschaltung rechts. Beide Modelle hatten eine Hackenbremse rechts, ab 1939 wurden die Typen vereinheitlicht.
Diese zwei Motorräder mit dem schicken, tropfenförmigen Primärantriebsdeckel und Steilstromspülung waren die Basis für die Modellreihe mit
250 cm³ Hubraum. Als NSU 1951 die „Lux” einführte, verwendete Victoria diese Bezeichnung
nicht mehr.
Die KR 25 S mit 250 cm³ Hubraum wurde ebenfalls 1937 vorgestellt. Ab 1938
wurde die optionale Fußschaltung links angebracht, rechts gab es ein normales Bremspedal. Die Trapezgabel bestand nun aus verschweißten
Halbschalen statt Pressblechen und war damit stabiler als die der KR 20. Das Motorrad leistete immerhin
knapp 9 PS und war immer noch sehr sparsam.
Der angeschraubte Stutzen für den Vergaser entsprach zunächst noch dem der KR 20. Wahlweise war eine hochgelegte
Auspuffanlage mit ebenfalls tropfenförmigen Hitzeschutzblechen an den Krümmern erhältlich. Der Zünddrücker wurde bei der Lichtmaschine
eingesteckt, die Lampentöpfe hatte noch die „dicke” Form. In der Regel wurden weiter Veigel–Tachometer verbaut (rechtsdrehend
und bis 100 km/h, Schräganschluss).
Bis zum Ende der zivilen Produktion 1940 wurden immerhin 28.000 Motorräder dieser Typen gebaut. Das beweist deutlich, wie gut sie
bei den Käufern angenommen wurden.
Eine abgespeckte Version („Heeresmodell”) entstand für die Wehrmacht. Der Werkzeugkasten hinter dem senkrechten Rahmenrohr entfiel,
statt dessen gab es einen im Tank oben. Die Sattelfedern waren wieder stehend. Die kleinen Kniekissen waren oval oder entfielen. Vor allem
gab es jedoch einen sehr nützlichen Bügel, der von den Aufnahmen der Sattelfedern aus den Gepäckträger seitlich versteifte - so ein Teil
könnten wir auch brauchen, denn die Anbringung des Trägers ist auch mit Stahlschutzblechen sehr labil.
1949 wurde die Produktion wieder aufgenommen. Die ersten KR 25 „Aero” hatten noch eine Trapezgabel, die Handschaltung
rechts am Tank war weiterhin lieferbar. Das war angesichts mancher Kriegsversehrten auch ein guter Plan. Allerdings wurden etliche
Maße geändert - die Motorteile sind daher teils nicht kompatibel zu den Vorkriegsmodellen. Bald wurde die neu konstruierte Telegabel zum Standard.
Dabei wanderte der Tachoantrieb von Vorder– zum Hinterrad (weiterhin links, siehe die Fotos). Die Tachos waren jetzt meist von
Isgus (gerader Anschluss), oft mit roten Nadeln.
Der angeschraubte Stutzen erhielt eine neue Form mit vier Schrauben und weniger Kühlrippen. Die Muldenspülung wurde zum Standard. Bis Nummer
164000 wurden Muldenkolben mit drei Fenstern verbaut, dann nur noch Flachkolben mit einem niedrigeren Zylinderkopf
(22,5 mm Tiefe). Der Zylinder hat zehn Fenster statt neun und zwölf statt elf Kühlrippen. Als Vergaser
kam ein Bing 2/22/14 zum Einsatz. Der Kolbenbolzen hatte nun 18 statt 16 mm Durchmesser.
Der Durchmesser der Kurbelwellenzapfen blieb weiter bei 22,3 mm.
Da DKW das Patent auf die Schnürle–Spülung erworben hatte, tat sich nicht nur Victoria etwas schwer. Puch war davon nicht
betroffen und konnte daher leistungsmäßig mehr bieten. Albert Röder, Küchens Nachfolger, löste das Problem halbwegs elegant.
Das Motorrad leistete 8,5 PS bei 4.200
min-1. Weiterhin blieb es bei den Halbnabenbremsen, die nicht
so wirklich überzeugen können. Alle Motore bis dahin haben ab Werk Primärdeckel mit einer einfachen Mittellinie ohne das gegossene
Flügelsymbol - das kam erst mit dem Nachfolgemodell auf, ist baulich jedoch ansonsten gleich und damit austauschbar. Das Hinterrad
mit Steckachse konnte weiterhin ohne Abnehmen der Kette ausgebaut werden, was auch bis zum Schluss so blieb.
Ende 1951 erschien eine grundlegende Neukonstruktion. Das Kürzel HM steht für „Hochleistungsmotor”. Das Patent von DKW
für die Schnürle–Spülung war ausgelaufen, also wurden Kolben, Zylinder und Motorgehäuse für die Umkehrspülung umgebaut. Der Motor leistete zunächst
10,5 PS bei 4.200 min-1
(Verdichtung 1:5,8). Der Motor der HM bekam von Anfang an eine neue Lagerung. Den Primärdeckel zierte
jetzt das Flügelsymbol. Der Tachoantrieb wanderte in den Motor.
Der Vergaserstutzen war nun am Zylinder mit angegossen. Die Kurbelwellenzapfen hatten 25,5 mm,
der Vergaser 24 statt vorher 22 mm Durchmesser. Die Kurbelwellen-Aussparungen waren größtenteils,
aber nicht ganz, mit Leichtmetall gefüllt.
Der Hauptrahmen blieb gleich, jedoch wurde die Teleskopgabel verstärkt. Die Räder bekamen moderne Kugellager, die Bereifung betrug nun
3,25-19". Das Flügelsymbol auf dem 12,5 l–Tank entfiel zugunsten der aufgeschraubten
Plakette. Gegen Aufpreis wurde eine Hinterrad–Geradwegfederung von Jurisch angeboten. Zunächst blieb es bei den Halbnabenbremsen. Die ersten
HM hatten noch einen Auspuff wie die vorherige KR 25 (schwarz lackiert).
1952 wurde die Victoria noch einmal überarbeitet. Die Halbnabenbremsen werkelten nun in Vollnaben, der Auspuff mit kurzen Krümmern
und langem Konus war verchromt. Diese Ausführung wurde auch mit einer eleganten Lackierung in schwarz mit elfenbein–goldenen Zierlinien
angeboten. Für den Export gab es auch eine rote Version. Davon fanden etliche Maschinen wegen einer Transportpanne den Weg zu den
deutschen Händlern. Die Hinterradfederung war nun serienmäßig. Die Leistung stieg auf 11,8 PS.
Bei etlichen Wettbewerbs– und Prüfungsfahrten bewies die Maschine ihre Tauglichkeit für den Gespannbetrieb. Einer der Tester,
der bekannte Journalist Carl Hertweck, schrieb einen begeisterten Bericht zu seiner damit absolvierten Fahrt über österreichische Alpenpässe.
Unter der Bezeichnung „KR 25 HML” entwickelten die Nürnberger 1952 ein völlig neues Modell, das der Öffentlichkeit
im Frühjahr 1953 dann als KR 26 präsentiert wurde. Das verringerte zunächst die Verwechslungsgefahr,
denn Reste der HM wurden noch angeboten, zweitens war das eine Anpassung an den Wettbewerb, speziell BMW.
Der Motor wurde erneut überarbeitet. Zylinder und Zylinderkopf waren deutlich größer verrippt, die Verdichtung stieg auf zunächst
1:6,2, die Drehzahl auf 5.200 Umdrehungen je Minute und die Leistung auf
12,3/12,6 PS. Die ölgedämpfte Teleskopgabel wurde mit einer selbst produzierten
Geradwegfederung am Hinterrad kombiniert. Die Vollnabenbremsen hatten nun 180 mm
Durchmesser bei 30 mm Belagbreite. Nicht zuletzt durch die tiefgezogenen Stahlkotflügel
wuchs das Leergewicht auf stolze 151 kg. Das hintere Schutzblech war tragend
(für den optionalen Soziussattel und die Sitzbank der späteren „Sport”).
Der Kurbelzapfendurchmesser wurde auf das Normmaß von 25 mm verringert. Die
Kurbelwellenwangen waren ganz gefüllt.
Nur die ersten KR 26 waren noch wie die HM in grau–blau lackiert. Standard wurde bald die Lackierung
in „Capri”–grau mit rot–goldenen Zierlinien, später gab es auch eine schwarze Ausführung (Zierlinien elfenbein/gold). Die Räder
hatten zunächst 19" Durchmesser. Jetzt gab es auch vorne eine Steckachse.
Schon im Herbst 1953 legte Victoria mit der KR 26 N noch ein Brikett nach, daher wurden vom Vorgängermodell
geschätzt nur 4.000 Exemplare gebaut. Der Kopf mit großen Quetschfalten erhöhte die Verdichtung auf 1:7,2,
die Drehzahl stieg auf 5.250 min-1 und die
Leistung auf 14 PS. Das Fahrwerk wurde vorne und hinten tiefer gelegt, die
Räder hatten nun 18" Durchmesser, meist mit Leichtmetall–Hochschulterfelgen. Darum wurde auch das
Kettenrad geändert - es hatte nun 46 statt 44 Zähne. In der senkrechten Rahmenstrebe war jetzt eine kräftige Hülse für die Beiwagenstrebe.
Die Gabel wurde noch einmal geändert. Das Gewinde in der Kurbelwelle für das Schwungrad war nun M8 statt M10.
Die gleichzeitig angebotene KR 26 N „Sport” unterschied sich nur durch den größeren Tank (16 statt 14 Liter)
und die - eher klobige - Sitzbank. Allerdings wurde auch eine „Halbsport” mit Sattel hergestellt. Außerdem gab es auf Wunsch
immer noch die Viergang–Tankschaltung.
Die Werksfahrer gewannen etliche Medaillen (gold: 84, silber: 38, bronze: 20) und 18 Mannschaftspreise, was die Robustheit der Konstruktion bewies.
Von 1955 bis 1957 wurden im Geländesport sieben KR 26 mit Hinterradschwinge eingesetzt.