Eine Victoria KR26 mit originalen Auspufftöpfen ist laut. Sie ist selbst im Stand so laut, dass auch
Hupen mit 100 dB kaum noch zu hören sind.
Die einzig vernünftigen Alternativen sind eine Ballhupe (die der TÜV bei diesen Baujahren nicht mag) und
Kompressorfanfaren - das Prinzip ist beide Male dasselbe.
Im Web ist viel darüber zu lesen und auf Youtube auch zu sehen und zu hören.
Ganz ohne Zweifel ist das Angebot von FISA mit 117 dB genau richtig.
Nur 17 dB mehr? Da das ein logarithmischer Wert ist, ist die Tröte eher doppelt so laut
als eine Hupe mit 100 dB - oder wird so empfunden. Und sie hat einen Kompressor für 6 Volt.
Leider ist das mit der Verwendung so einfach nicht (trotz Zulassung), und das aus elektrischen Gründen.
Hier gibt's Lösung, Beschreibung und Test.
Abschnitte dieser Seite:
Die zwei Fanfaren werden im Set mit Kompressor, transparenten Luftschläuchen und einem Relais
geliefert (das auch dringend benötigt wird). Wer sie einbauen will, muss sich noch Kabel mit 4 mm²
Querschnitt und passende Kabelschuhe (6,3 mm) besorgen - und bei Motorrädern selbst Halterungen
bauen. Schlauchschellen für die Schläuche sind sicher auch kein Fehler (sechs, wegen des beiliegenden T–Stücks).
Die beiliegenden Luftschläuche sitzen sehr stramm und sollten eventuell durch Benzinschlauch mit 8 mm
Innendurchmesser ersetzt werden. Ferner braucht es einen Sicherungshalter und eine Flachsicherung mit 30 A
(grünes Gehäuse). „Torpedosicherungen” gibt es nur bis 25 A.
Die Fanfaren sind 25 und 20 cm lang. Der Kompressor hat am Deckel
68 mm Durchmesser, ist ohne Schlauchanschluss
11 cm hoch und wiegt etwa 700 g. Er soll mit nur
einer Schraube M8 befestigt werden, senkrecht und bevorzugt im Trockenen. Die Luft wird unten am Deckel angesaugt.
Das Set haben wir bei (Link: fremde Seite)
Wehmann gekauft. Die mehrsprachige Anleitung ist zwar knapp und sehr klein
gedruckt, jedoch verständlich. Wie schon bisher wird das Relais über Minus vom Hupknopf eingeschaltet und
ständig mit Zündungs–Plus verbunden (Klemme 15). Dafür sind die Kontakte 85 und 86 zuständig.
Vor der Inbetriebnahme sollten ein paar Tropfen dünnflüssiges Öl in den Luftanschluss des Kompressors geträufelt und dieser
kurz ohne Schlauch betrieben werden. Das muss gelegentlich wiederholt werden.
Klingt doch gut: Zwei Fanfaren, Kompressor, Schläuche und Relais, und das für knapp 40,- €. Ist es auch!
Nur, um die Muskeln spielen zu lassen, braucht es auch Muskeln, und die sind hier elektrischer Natur.
Von nichts kommt nichts. Schon konventionelle Hupen sind nach Anlassern die stärksten Stromverbraucher am Kraftfahrzeug. Gerade
bei Veteranen mit 6 Volt–Bordelektrik sollten sie nur über ein Relais betätigt werden. Wie bei einer Stereoanlage machen es
die nutzbaren Watt oder vereinfacht, gebrauchten Ampère bei einer gegebenen Spannung.
Und genau da liegt der Haken. Ein freundlicher Zeitgenosse hat das gemessen. Der Kompressor verursacht beim Anlaufen Stromspitzen
von rund 26 A und danach 19 A. Damit
ist eine unsere Batterien schneller leer gesaugt, als man „Blaubeerkuchen” sagen kann, und wenn auch das nicht wörtlich, so
tut's dem Akku nicht gut, wenn er so rasch entladen wird.
Zweitens wird die ohnehin sehr instabile Spannung des Motorrads flugs einbrechen, wenn so ein Verbraucher eingeschaltet wird.
Das wirkt sich sicher auf die Zündung und das Licht aus. Kurzum, da braucht es eine bessere Lösung. Die gibt es, aber dafür muss
noch etwas Geld angefasst und gebastelt werden. Ideal ist eine Kombination mit LiFePO4–Akkus
statt einer Blei–Säure–Batterie - denn die verkraften solche Lasten.
Sorry, aber wir müssen 'mal wieder etwas Elektronik in's Spiel bringen. Denn die Industrie und Wissenschaft
wissen um unsere Nöte. Nach den bekannten Doppelschicht–Kondensatoren wurden noch leistungsstärkere „Superkondensatoren” entwickelt.
Für uns geeignete Typen gibt es mit 2,7 oder 2,5 V und Kapazitäten um die 60 Farad (das ist enorm viel).
Drei davon in Reihe geschaltet haben noch 20 Farad (Kehrwert aus Kapazität und Stückzahl). Am entnehmbaren Strom ändert das nichts:
Es bleibt bei etwa 20 A für eine Sekunde. Das klingt schonmal gut und reicht zum Hupen.
Sind diese Monster (räumlich klein) jedoch entladen und werden mit der Batterie verbunden, kommt das einem Kurzschluss gleich. Kein
guter Plan! Daher brauchen sie einen Ladewiderstand mit hinreichenden Watt und passendem Wert. Nehmen wir an, wir wollen den
Strom auf etwa 500 mA begrenzen und gehen von 30 Watt bei 6 Volt aus
(5 A). Nach dem Ohm'schen Gesetz sind wir mit etwa 15 Ω
also auf der sicheren Seite. Kleinere Werte (10 Ω) tun's sicher auch noch. Der Widerstand sollte
mindestens 5, besser 10 Watt aushalten. Beachtet bitte, dass die Teile normaler Weise nicht ganz entladen sind - dann bräuchte es
bei 15 Ω Ladewiderstand 5,5 Minuten, bis sie auf ⅔ aufgeladen sind.
Moment … Wie bekommt der Kompressor denn dann die volle Ladung? Ganz einfach, über eine Schottky–Freilauf–Diode. Die gibt es als
Doppelausführung (zwei Anoden) mit weit größeren Leistungen als 30 A, und
Schottky–Dioden haben nur 0,3 V Spannungsabfall.
Es hat schon seinen Grund, dass der Kompressor nicht im Regen angebracht werden soll. Die gute Nachricht: Er ist wetterfest zu bekommen,
und das mit vertretbarem Aufwand. Wir wären schlechte Tester, wenn wir nicht versucht hätten, die Kappe abzunehmen - denn am meisten
interessiert, wie's innen (und unten) aussieht. Die Kappe wird über drei Raststifte im Druckguss–Gehäuse des Verdichterteils gehalten
und lässt sich mit etwas Nachhilfe absprengen (ohne Schaden).
Der untere Teil besteht aus dem Mantel des Motors. Die verzinkte Blechhülle wird an einer Stelle nur durch Passnasen und –nuten
zusammen gehalten - da kann also auch Wasser eindringen.
Der eigentliche Exzenter des Verdichters mit beweglichen Lippen (aha, darum das Öl!) hat nur einen eher schmalen Einlass weit oben.
Die Unterseite sollte auch vor Spritzwasser geschützt werden - denn das könnte durch zwei Bohrungen leicht seinen Weg in den Motor finden.
Oben mag das angehen, wenn denn der Ansaugstutzen mit einer zusätzlichen Gummischeibe gedichtet wird. Der Schlitz im Motorgehäuse
kann mit Klebeband versiegelt werden, bevor das Motorgehäuse grundiert und lackiert wird.
Unten bietet es sich an, eine Art Topf zu bauen, der genau über das Kunststoffteil passt. Die Kabel können dann (durch Gummitüllen?)
in's Innere geführt werden. Mit diesen Maßnahmen sollte der Verdichter einigermaßen wetterfest werden.
Das erste Bild des Abschnitts zeigt, wie ich aus einem 1 mm–Mantel mit einem
später aufgeklebten 3 mm–Boden den Topf aus Polystyrol gebaut habe. Die Abwicklung
ist genau 190 mm lang und 30 mm hoch. Die
Wäscheklammern halten ein Verbindungsstück innen. Die Edelstahlschelle wird den Topf später halten und hat es auch bei der
Anbringung des Verbindungsstücks getan.
Der Kompressor wurde abgeklebt und das Motorgehäuse (mit dem Klebestreifen) erst grundiert und dann seidenmatt schwarz gespritzt.
Als der Topf samt Bohrungen fertig war, ereilte ihn dasselbe Schicksal.
Nach einigem Nachdenken bin ich darauf gekommen, dass Regenwasser wohl kaum bis hoch zur Einlassöffnung kommt.
Da blieb also alles wie Original, am Ende kommt nur die Gummidichtung am Luftanschluss dazu.
Parallel zu diesen Arbeiten habe ich eine M8–Mutter mit 14 mm Schlüsselweite
entrostet, grundiert und ebenfalls lackiert (siehe unten). Die mitgelieferte Schraube wäre für unsere Schelle ohnehin zu kurz gewesen.
Da der Kompressor ein amtliches Gewicht hat, darf die Befestigungsschelle an der Diagonalstrebe nicht zu labberig sein.
Dafür fand sich noch eine passende Fahrradsattelschelle in passendem Durchmesser aus verzinktem Eisen - die tut es sicher.
Schwierige Frage! Unter dem Rahmen des Seitenwagens sollte nichts liegen (wie ich aus Erfahrung weiß), am Motorrad ist kein geeigneter Platz.
In Frage kommen nur der Seitenwagenrahmen oder die Diagonalstrebe vorne. Ärgerlich, denn das braucht zusätzlich eine sehr leistungsstarke
Steck– oder Schraubverbindung. Und wohin mit dem elektrischen Teil? Der sollte möglichst nahe bei Batterie und Kompressor liegen. Das ist ein
Widerspruch in sich, denn beides geht nicht.
Es war relativ schnell klar, dass die Fanfaren nur an der Diagonalstrebe vorne angebracht werden können. Der Kompressor musste auch
in's Freie, weil im Seitenwagen der Fußraum gebraucht wird.
So ganz genau haben es die Italiener übrigens nicht genommen. Die Sechskante der Befestigungsschrauben sitzen nämlich sehr lose in
den Halteschlitzen. Beim Kompressor passt da bequem eine Mutter mit Schlüsselweite 14 'rein (statt 13, siehe oben).
Die Masse für den Kompressor kann (mit einer Zahnscheibe) an der einen Bootsbefestigung vorne abgenommen werden. Also muss nur noch
der Plus–Pol dahin geführt werden. Dafür wurde aus dem RC–Modellbau eine Hochstrom–Steckverbindung beschafft.
Wichtig: Beim Gespann ist der Zugriff auf die Lichtmaschine ohnehin schon schwer. Die Hörner und der Kompressor sollten da tunlichst
nicht im Weg stehen - sonst kann es beim Schrauben Probleme geben.
Sound or it didn't happen! Nachdem bei aller gebotenen Sorgfalt die Elektrik verlegt war (mit dem stärkeren
Relais, Kabeln mit 4 mm² Querschnitt und Hochstrom–Steckverbindern),
folgte der Test.
Himmel hilf', sind die Dinger laut! Von einem kurzen Versuch (von hinten!) haben mir die Ohren noch eine Viertelstunde lang gepfiffen -
das dürfte ein verständlicher Maßstab sein.
Die Verbindung von der alten Hupe zum Relais habe ich bestehen lassen - ein Vergleich oder Umschalten ist daher durch Umstecken der
Kabelschuhe möglich.
BTW, in einem Simson–Forum gibt es einen Monster–Thread zum Thema
(Suchbegriff „Killerhupe”) - da wird so ziemlich alles beschrieben, was falsch gemacht werden kann, es zeigt aber auch deutlich, dass es
da Bedarf gibt - das ist nicht nur Macho–Gehabe.
Gemäß der Anleitung soll regelmäßig etwas Öl in den Ausgang des Kompressors geträufelt werden. Als unsere Akkus 'mal etwas schwach waren
und die Hupe nicht so richtig wollte, habe ich genau das gemacht, und das war nicht so gut. Anscheinend kann das feine Öl dann an Stellen
laufen, wo es nicht hingehört. Jedenfalls saugte der Kompressor danach die Akkus leer, ohne anzulaufen.
Abhilfe gab es erst bei einer Rosskur mit einer separaten, frisch geladenen Batterie, und selbst damit dauerte es ziemlich lange, bis
der Verdichter und die Hörner wieder frei liefen. Also - besser die Kappe abnehmen und nur ein paar Tröpfchen Öl auf die Dichtlippen geben.
Wie sich kurz später herausstellte, hatte der Kompressor einen Defekt oder hatte bleibenden Schaden genommen. Das passierte natürlich
genau zwei Tage nach Ablauf der Garantie. Wehmann erwies sich jedoch als fairer Händler und tauschte das eingesendete Teil anstandslos
und umsonst aus. Der Ersatz lief auch an der normalen Batterie sofort einwandfrei.
Wohl dem, der möglichst selten die Hupe als Warnung einsetzen muss (obwohl das besonders im Stadtverkehr oft genug vorkommt). Wer mit diesem
Kompressor unterwegs ist und nur selten hupt, sollte ihn regelmäßig ein wenig nachölen und eine Weile ohne angeschlossene Fanfaren laufen
lassen. Dabei ist deutlich zu hören, wie er wieder „munter” wird. Das gilt besonders für die feuchte Jahreszeit. Dabei dürften sich auch
die Kollektorkontakte wieder säubern.