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Der Tachometer: Wegdrehzahl, Wahl, Überholung

Trotz guter Vorsätze - leider wurden beim Aufbau des Gespanns viel zu wenig Fotos gemacht, so beispielsweise keine von der Überholung des Tachos. Damals war auch gar keine Kamera im Haus. Das ließ sich jedoch nachholen (Symbol: zwinkern) .

Die Wahl des richtigen Tachometers, dessen Umbau oder Reparatur sind für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Nachfolgend geben wir die nötigen Tipps dazu - denn so schwierig ist das alles nun auch nicht, obwohl es ein paar Stolperfallen gibt. Wir erklären auch, wie der Kilometerzähler zurückgestellt werden kann.

Die originalen Victoria–Tachometer der Nachkriegszeit wurden meist von ISGUS hergestellt.

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Wegdrehzahl und Tachoantrieb

Der Tachoantrieb einer Victoria KR26 am Getriebe.

Der Tacho der Victoria KR 26 wird über eine schräg­verzahnte Welle vom Getriebe aus angetrieben (siehe erstes Foto des Abschnitts). Das ist zwar eine weniger anfällige Lösung als ein Mitnehmer an Vorder– oder Hinterrad, hat jedoch einen Nachteil: Wer das Kettenritzel oder die Rädergröße tauscht, muss den Tacho anpassen. Das Zauberwort heißt „Wegdrehzahl”.

Dieser Wert entspricht der Zahl der Umdrehungen der Tachowelle, wenn das Fahrzeug exakt einen Meter Strecke zurücklegt. Bei einer Wegdrehzahl von 1,0 dreht sich die Tachowelle bei 1 km Strecke also genau 1.000mal.

Je kleiner das Ritzel ist, desto höher wird die Wegdrehzahl. Hier die für Victoria KR 26 richtigen Werte (ausgehend von 19"–Rädern): 16 Zähne 1,05, 17 Zähne 1,0, 18 Zähne 0,95.

Gebrauchte Tachometer mit Wegdrehzahl 0,95 sind noch oft zu haben. Bei der von uns benötigten WDZ 1,05 sieht es hingegen sehr mau aus.

Es gibt jedoch Hoffnung, vor allem für geschickte Bastler. Viele Tachos von DKW aus der vergleichbaren Motorradklasse oder die von BMW R25, R26 und R27 haben 80 mm Durchmesser und die gesuchte Wegdrehzahl. Diese ist fast immer unten am Gehäuse eingestanzt, mit dem Buchstaben „W” davor. Das zweite Bild des Abschnitts zeigt unser „Rohmaterial”.

Neue Tachowellen sind in guter Qualität um kleines Geld zu haben, zum Beispiel bei Fremde Seite Motorrad Stemler (2015: knapp 13,- €).

 

Wie funktioniert die Geschwindigkeitsanzeige?

„Unsere” Tachos arbeiten wir die meisten mechanischen Typen nach dem Wirbelstromverfahren. Über die Tachowelle wird eine magnetische Scheibe angetrieben. Außen am Gehäuse ist ein Rückflussring angebracht. Zwischen den beiden liegt eine Glocke aus zwar elektrisch leitendem, nicht jedoch magnetisierbaren Metall, in unserem Fall Aluminium. An dieser Glocke ist die Achse der Anzeigenadel befestigt, die unten in einem Spitzenlager der Magnetwelle aufliegt.

Durch die Drehung des Magneten werden Wirbelströme in der Aluglocke erzeugt. Diese wird dazu neigen, sich mitzudrehen. Daran wird sie jedoch durch eine feine Spiralfeder gehindert, deren innerer Teil mit einem Sprengring auf der Nadelachse befestigt ist, während das Festlager am Gehäuse außen liegt.

Ein Anschlag für die Nadel auf dem Zifferblatt sorgt bei Nullstellung für die nötige Vorspannung der Feder, die es aber oft nicht braucht.

Diese Vorspannung ist bei der Reparatur ein Problem. Sie muss nämlich ermittelt werden, damit die alte oder eine neue Nadel korrekt aufgesetzt werden kann. Die sicherste Methode ist dabei, bei genau senkrechter Tachoposition (im Schraubstock) die Nadel leicht hochzubiegen, bis sie über den Anschlag hinweggleiten kann. Danach muss die Strecke zwischen Ruhelage und Anschlag (Innenseite) irgendwie verlässlich gemessen werden. Das ist auch noch kein Hexenwerk.

 

Wie funktioniert der Kilometerzähler?

Je nachdem, ob das Zählwerk 100 m–Schritte anzeigt oder nicht, braucht es ab der Tachowelle eine große oder sehr große Untersetzung. Solche Getriebe lassen sich platzsparend nur über zwei Kombinationen von Schnecke und Schneckenrad realisieren (siehe zweites Foto des Abschnitts). Deren Untersetzung muss zur Wegdrehzahl passen, was meist über das obere Schneckenrad geschieht. Die Justierung (bei egal welchem Rad) oben findet über die Klemmschraube und das Langloch darunter statt (letzteres ist hier vom Schraubenkopf verdeckt). Bei der 90°–Umlenkung von Tachowellenbuchse auf die erste Schnecke arbeitet auch ein Winkeltrieb.

Links am Zählwerk (bei dieser Perspektive, also in „echt” rechts), ist auf die Schneckenachse ein Zinkdruckguss–Zahnrad geklemmt. Das nimmt einmal je Umdrehung das erste (graue) Mitnehmerrad mit (was also noch einmal 1:10 bedeutet). Dieses Rad betätigt die erste Kilometerwalze. Das setzt sich mit vier weiteren Ringen bis zur 10.000er–Walze fort. Achtung: das Rad auf der Welle klemmt zuweilen nicht mehr richtig - da hilft nur kleben oder verstiften.

Bei so einem niedrigen Kilometerstand wie im Beispiel lohnt es sich nicht, das Zählwerk zu zerlegen und neu zu montieren (was durchaus nicht einfach ist!), um es zurückzusetzen. Die zweite Untersetzung wird abgeschraubt und das Schneckenrad mit einem Messingbürstchen in der Kleinbohrmaschine rückwärts gedreht - das klappt. Grob gesagt braucht es bei moderaten Drehzahlen dafür etwa zehn Minuten je 10.000 km.

Bei der Neumontage sollte vorher eventueller Flugrost entfernt und ein dünner Kupferdraht (etwa 0,1 mm) als Abstand zwischen der oberen Schneckenkombination benutzt werden. Ein Tröpfchen guten und harzfreien Öls auf die äußeren Zahnräder und alle Lager sorgt für lange Freude. Ziffern mit abgeplatzter Farbe lassen sich leicht mit einem feinen Pinsel neu auslegen.

 

Überholung und Umbau, Teil 1

Zuerst einmal sollten die benötigten Neuteile bestellt werden (diese gibt es auch alle bei Fremde Seite Motorrad Stemler). In unserem Fall waren dies das Zifferblatt 75 75 0 000 535, der Abdeckring 75 75 0 001 025, Chromring und Nadel. Vom Druck des Zifferblatts, das muss gesagt sein, waren wir nicht ganz so begeistert. Er wirkt ziemlich „ausgefranst”.

Im nächsten Schritt gilt es den alten Chromring aufzubördeln. Das geht mit Schraubendreherklingen recht gut. Meist reichen zwei Drittel des Umfangs, bis Ring, Glas und Abdeckscheibe abgenommen werden können.

Dann folgt die erwähnte Ermittlung der Ruhelage. Sobald diese erfolgt ist, kann die Nadel mit Widerlagern und zwei Schraubendreherklingen vorsichtig abgehebelt werden. Vorsicht! Deren Achse verbiegt sich ziemlich leicht.

Jetzt wird das Zifferblatt abgeschraubt (unbedingt passende Klingen verwenden) und zuletzt die Haltemutter unten am Gehäuse gelöst. Das Werk selbst ruht verdrehsicher in einer Sechskantöffnung.

Jetzt kann zunächst das Gehäuse gereinigt und dann - sehr zu empfehlen - innen glänzend weiß gespritzt werden. Der Unterschied ist bei Nacht beeindruckend, besonders, wenn statt einer Glühlampe mit 0,7 oder 1,2 W eine mit 2 W zum Einsatz kommt!

 

Überholung und Umbau, Teil 2

Der Kilometerzähler war zurückgestellt, die bewegliche Schneckenwelle justiert, alles ordentlich gefettet oder geölt - also konnte es fast schon mit der Montage losgehen. Die sollte sich jedoch als problematisch erweisen.

Vorab bekam das Zifferblatt jedoch passende Aussparungen, die dreieckige Leuchtdioden als Blinkerkontrollleuchten und eine gemein helle, blaue LED für das Fernlicht aufnehmen. Deren Kabel können - mit Schrumpfschlauch gesichert - leicht durch eine der vorhandenen Gehäusebohrungen geführt werden.

Beim Auflegen des originalen Blendrings von DKW fiel auf, dass da etwas mit den Höhenmaßen nicht passt. Also gut, dann nehmen wir eben den unschönen Plastik–Blendring von Stemler - der jedoch erst einmal überlackiert werden musste. Plastikglanz ist pfui.

Nach der vermeintlich richtigen Justierung der Nadel wurde also frohgemut der neue Chromring aufgebördelt. Aber was war das?! Beim Schütteln des Tachos (damit lässt sich die Leichtgängigkeit der weiß lackierten Nadel prüfen) blieb diese gerne an verschiedenen Stellen hängen.

Die Ursache war schnell ermittelt: Es waren wieder die Höhenmaße - die plane Scheibe saß einfach zu tief. Also wurde neu aufgebördelt, eine dicke Papierdichtung als Abstandshalter geschnitten, die Nadel ganz aufgebohrt und -gerieben (mit einer feinen Reibahle) und tiefer aufgedrückt. Damit war der nötige Freilauf zunächst gegeben. Also: Besorgt lieber eine konvexe (gewölbte) Scheibe.

Hinweis: Offiziell darf der Geschwindigkeitsmesser keinen Nachlauf, jedoch bis zu 10% plus 4 km/h Vorlauf haben (§57 der StVZO).

 
 
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