Wer zuviel Geld im Säckel hat, darf seine Motorrad–Felge und –Nabe gern zum Fachmann tragen, damit der sie einspeicht und zentriert.
Mit ein bisschen Know-How lässt sich das jedoch auch selbst machen. Das gesparte Geld sollte lieber
an die Interessengemeinschaft gespendet oder für die „Schmierung” der Benzingespräche bei Treffen investiert werden
(Symbol: zwinkern).
Nachdem der Verfasser (mit allen Höhen und Tiefen!) diese Arbeit schon sehr oft erledigt hat, folgen hier ein paar nützliche
Hinweise (fast schon mit Erfolgsgarantie).
Abschnitte dieser Seite:
Autsch! Das ist die Frage - zu lang, zu kurz, falsch gekröpft oder passend? Das zu bestimmen, ist nämlich gar nicht so einfach,
und „den Standardtyp” für die Victoria–Felgen gibt es nun einmal nicht.
Dass 18– und 19"–Felgen unterschiedlich lange Speichen brauchen, dürfte einleuchten. Damit ist es auch bei
gleichen Naben leider nicht getan, denn je nach Hersteller der Felge fallen die Einsenkungen für die Nippel höher oder tiefer aus.
Zwischen einer Felge von Erwe (Ernst Weisswange) und Radaelli kann es
erhebliche Unterschiede geben.
Wichtig sind Maße, die je nach Felge abweichen. Das sind vor allem die Länge, weniger noch die Kröpfung am Kopf, da diese
sich in Grenzen justieren lässt und kaum abweicht. Die innen liegenden Speichen brauchen etwa 80° und die
äußeren 100 bis 110°.
Der goldene Tipp ist daher: Die Felge sollte erst im Haus sein, bevor die Speichenbestellung erfolgt. Speichen haben oft lange
Lieferfristen - drei Wochen sind da etwa einzurechnen.
Die erste Abbildung zeigt, wie die Maße anzugeben sind. Ernst Weisswange bietet eine gute Anleitung als PDF–Datei:
Fremde Seite Felgen–Info.
Alle unsere Speichen sind „Eindicken–Speichen” mit 3,5 mm Durchmesser und aufgerollten Gewinden M4,
und wegen der Felgen mit 36 Löchern braucht es immer 18 für innen und 18 für außen. Nach der Lieferung sollten die Speichen geprüft werden. Als
Kuriosum aus vergangenen Zeiten habe ich noch eine Speiche mit gerollten Ringen statt Gewinde.
Okay, 36 halbwegs passende Speichen, die Nabe und Felge sind im Haus. Wie geht's weiter?
Ganz wichtig: Die Nabe der Victoria KR26 zeigt deutliche Spuren, welche Speichen in welche Richtung zeigen.
Prinzipiell ist es immer so, dass alle inneren Speichen in die eine und alle äußeren in die andere weisen. Das muss eingehalten
werden, die Senken der Felgen weisen den Weg.
Die inneren Speichen müssen vor den äußeren eingefädelt und mit Nippeln versehen werden, wenn auch nicht alle. Mit „innere Speichen”
sind die gemeint, deren Kopf außen aufliegt. Sobald etwa die Hälfte davon nicht mehr 'rausfallen kann, sollte es mit
äußeren Speichen weiter gehen.
Diese Schritte müssen wiederholt werden, bis alle Speichen eingefädelt und mit Nippeln gesichert sind.
Dann werden alle Nippel gleichmäßig festgezogen. Wenn es da deutliche Abweichungen gibt (siehe zweites Foto des letzten Abschnitts),
ist ganz klar etwas schiefgelaufen.
Wenn doch alle Nippel gleichmäßig festgezogen sind (ein bisschen Abweichung ist normal), ist es Zeit für die Zentrierung. Das zweite
Foto des Abschnitts zeigt eine neu eingespeichte Felge in diesem Zustand.
Hobbyschrauber werden meist keine geeignete Vorrichtung haben, um das Rad zu zentrieren. Kein Problem - das Fahrwerk
des „Mopeds” tut's auch, sofern es daran einen statischen Bezugspunkt gibt wie hier den Gepäckträger.
Ein wasserfester Filzschreiber und ein Schraubendreher sind alles, was es braucht, im Luxusfall noch ein Nippelschlüssel. Originale
Speichennippel für M4–Gewinde haben oft 7 mm Schlüsselweite und neuere
5,5 / 6 mm.
Zunächst gilt es den Höhenschlag auszugleichen. Wo die Felge zu tief steht, müssen die Nippel gelockert, wo sie zu hoch steht,
angezogen werden. Wichtig: Am Ende müssen alle gleich stark vorgespannt sein. Das lässt sich leicht erkennen an der Frequenz des Tons,
wenn mit dem Schraubendreher an eine Speiche geschlagen wird. Hoher Ton = hohe Spannung, tiefer Ton
= schwache Spannung, klappern = keinerlei Spannung. Der Ton sollte
bei allen Speichen im gleichen Frequenzbereich liegen (eher hoch!).
Wo die Problemzonen beginnen und enden, wird auf der Felge mit dem Filzschreiber markiert.
Im zweiten Schritt geht es an den Seitenschlag. Das Verfahren ist gleich mit dem Unterschied, dass diesmal die Speichennippel
auf der einen Seite gelöst und auf der gegenüber liegenden angezogen werden.
„Schläge” unter 0,5mm dürfen (müssen aber nicht) ignoriert werden - sie spielen nach der Montage
der Reifen und bei den langsamen Drehzahlen unserer Victoria–Räder keine Rolle mehr.
Wer sehr gute Lager hat, kann noch prüfen, ob ein eingebautes Rad dazu neigt, sich in eine Richtung zu drehen, und das durch Ausgleichsgewichte
auf einer Speiche ausgleichen. Zumindest im Gespannbetrieb bis 90 km/h sind bei 18– und
19"–Felgen jedenfalls keine Unwuchten zu befürchten.
Nehmen wir an, dass alle diese Arbeiten prima geklappt haben. Jetzt kann es aber trotzdem passieren, dass einzelne Speichen über den Kopf des
Nippels hinaus ragen.
Das ist nicht so prima, weil das sowohl das Felgenband wie auch - kurz danach - den Schlauch belasten kann, und es kaum etwas
Fieseres gibt als eine Reifenpanne unterwegs.
Die Überstände sollten also verschwinden, bis Nippel und Speichenenden bündig und glatt abschließen, bevor das obligatorische Felgenband
aufgezogen wird und die Bereifung folgt.
Nun sind Speichen aber - richtig! - aus sehr hartem Material. Hier hilft eine rotierende Korund–Schleifscheibe im Aufspanndorn
einer Kleinbohrmaschine. Damit ist die Aufgabe in wenigen Minuten erledigt. Sorgfältige Schrauber sollten mit der Fingerkuppe
prüfen, ob noch Grate und scharfe Kanten zu spüren sind. Wenn dem so ist - die müssen weg, was sich besser mit einer guten Feile
oder Korundschleifpapier erledigen lässt.