Wie schon auf der Hauptseite zur Telegabel der KR26 erwähnt - das Teil ist beim Gespannbetrieb
(also mit Beiwagen) hoffnungslos überfordert. Leider ist es gar nicht so einfach, da Abhilfe zu schaffen. Viele Hersteller wie BMW
oder Horex boten Langschwingen–Gabeln an (die eindeutig das Mittel der Wahl sind). Eine davon lässt sich mit (noch)
vertretbarem Aufwand an die Victoria anpassen, nämlich die der Horex Resident, wie sie auch oft an Regina und Imperator verbaut wurde.
Hier wollen wir erst einmal auf die Theorie eingehen, denn die hat es in sich. Vor einem Umbau oder gar Eigenbau will erst einmal ordentlich
nachgedacht werden.
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Erst einmal klar: Die Victoria–Gabel wurde nicht für die erhöhte Belastung konstruiert. Solo–Motorräder können sich in Kurven legen
und damit den Fliehkräften entgegen wirken, Gespanne können das nicht, wodurch große seitliche Kräfte auftreten. Die Belastung
vertikal ist auch erheblich viel größer (einfach wegen des größeren Gesamtgewichts).
Der Nachlauf des Vorderrads (also die Entfernung von dem Punkt, wo die verlängerte Achse des Lenkung auf die Straße auftreffen
würde bis zu dem Punkt, wo das Vorderrad aufliegt) ist gut für Motorräder ohne Seitenwagen. Der Geradeauslauf ist
bei etwa 78 mm ebenfalls gut, die Lenkkräfte sind akzeptabel (typische Lenkerbreite:
63 bis 68 cm).
Spätestens in einer rechts stark überhöhten Rechtskurve wird dem Dreiradler jedoch klar, dass die zum Lenken erforderlichen Kräfte
enorm werden können - da sind Muskeln gefragt, und das nicht zu knapp, und das kann durchaus gefährlich werden! Eine erste
Abhilfe schafft da ein breiterer Lenker.
Zusammengefasst werden mit einer Schwingengabel vorne meist drei wesentliche Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
Höhere Stabilität, höhere Belastbarkeit vertikal durch Wahl passender Federbeine und geringere Lenkkräfte. Allerdings verlängert
sich dabei der Radstand, und der Geradeauslauf muss durch andere Maßnahmen erhalten bleiben (was aber sowieso für jedes
Gespann gilt und durch das höhere Gewicht teils schon gegeben ist).
Hier gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten.
Alle drei Varianten haben Vor- und Nachteile. Erstens kann die Anpassung leicht in mehr Arbeit ausarten als ein Neubau und
dennoch nicht optimale Ergebnisse bringen. Dafür wird jedoch der argumentative Aufwand beim TÜV vertretbar sein, wenn
das Original an vergleichbaren Motorrädern verbaut wurde.
Zweitens sind Auftragsfertigungen mit Gutachten sehr teuer, und es ist gar nicht so einfach, einen Anbieter zu finden,
der solche Arbeiten auch für so kleine und seltene Oldtimer anbietet.
Im dritten Fall gilt es einen geneigten Prüfer zu finden, der dem Vorhaben wohlwollend gegenübersteht und bei hinreichender
Dokumentation auf eine (teure!) Festigkeitsprüfung verzichtet. Bedingung dafür sind eingeschlagene Nummern an Standrohren und Schwinge,
geeignete Materialien, ein Schweißer mit entsprechender Kompetenz und ein überzeugendes Konzept. Der Nachweis, dass der Eigenbau
stabiler ist als das Original, ist durch Materialstärken, verwendete Stahlsorten etc. noch
relativ leicht zu führen.
Der dritte Fall hat jedoch - entsprechenden Sachverstand vorausgesetzt - den großen Vorteil, dass das Ergebnis optimal auf das
jeweilige Motorrad angepasst ist.
Zunächst einmal sollte man sich darüber klar sein, was man will (Symbol: grinsen).
Das betrifft Ausführung, Materialstärken, Geometrie und Federung. Natürlich müssen auch die räumlichen Möglichkeiten am Motorrad klar sein.
Beim Nachlauf gibt es die Möglichkeit, ihn variabel zu gestalten. Als Faustregel kann gelten, dass er für ein leichtes Gespann etwa
halbiert werden sollte, hier also auf rund 39 mm. Viel weniger sollte es nicht werden, weil
der Geradeauslauf sonst leiden könnte. Wenn also variabel, dann sollte Option 2 eher etwas mehr sein.
Die Standbeine der KR26 haben keine 3 mm Wandstärke - herzlich wenig für eine
Telegabel. Bei einer Schwingengabel mögen 3 mm jedoch genügen, da die Kräfteverhältnisse dort
ganz andere sind, vor allem, wenn die Standrohre unten eine vernünftige Querversteifung bekommen.
Auch sollte im Vorfeld klar sein, welche Federbeine verwendet werden sollen. Die angedachten, hinteren Federbeine einer MZ
ETZ 251 mit 360 mm Abstand von Auge zu Auge erwiesen
sich als zu lang und hart. Besser passte es mit Kleinkraftrad–Beinen.
Eine einteilige Langschwinge ist zwar teurer in der Herstellung als getrennte Schwingenhebel, bringt jedoch ein deutliches Plus im
Hinblick auf die Verwindung am Vorderrad.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Optik. Die Gabel sollte zum Motorrad passen und typische Baumerkmale der damaligen Zeit aufweisen.
Es ist sicher nicht verkehrt, sich an einem konkreten Vorbild zu orientieren.
Nach der eigentlichen Konzeption (und auch schon dabei) sollten Lieferanten für Materialien, überhaupt lieferbare Materialien und
Dienstleister geprüft werden. Ein größeres Problem (und entsprechender Kostenfaktor) kann dabei eine Rohrbiegerei sein, die
Schwinge und Versteifungsbügel biegen kann - das hier nötige Maß (90 mm Radius bei 180°) ist
nämlich eher ungewöhnlich.
Auch ist es gar nicht so trivial, passende Standrohre zu finden. Dafür sind sie leichter zu biegen, weil der Radius weit größer ist.
Leichter ist es schon, einen Betrieb zu finden, der die Blechteile mit dem Laser schneidet - und günstig ist das auch.
Wer meint, dass das alles finanziell ein Klacks wird, hat sich geschnitten. Für solche Späße, wenn es gut gemacht sein soll, muss
richtig Geld angefasst werden. Nicht zu vergessen ist auch, dass die Montage Gabelbrücken als Hilfe und jede Menge Lehren und Montagehilfen
braucht - „Pi mal Daumen zusammen braten” ist hier nicht angesagt.
Bei einem Selbstbau muss außerdem im Vorfeld ein TÜV–Prüfer mit entsprechendem Sachverstand gefunden und überzeugt werden.
Bei einer schlüssigen Argumentation stehen zumindest bei so alten Motorrädern die Chancen nicht schlecht, denn bei BMW,
Horex, Adler, Tornax, Zündapp oder MZ wurde in den 1950er Jahren auch nur mit Wasser gekocht. Wenn also der Nachweis erbracht
werden kann, dass überdimensioniert und besser geschweißt wurde (was heute klar ist), ist ein Vergleich gegeben.